Noch beim Start ins Jahr 2024 hatten Analysten und Händler vor allem der Zustand der chinesischen Wirtschaft genannt, der darüber entscheiden würde, wohin die Preise an den Ölmärkten in den kommenden zwölf Monaten tendieren werden. Die zuletzt schon stark gestiegenen Zweifel über die konjunkturelle Entwicklung im Reich der Mitte haben gestern neue Nahrung erhalten.
Verbraucherpreise -0,8% – größtes Minus seit 2009
Laut dem Nationalen Statistikamt in Peking sanken die Verbraucherpreise im Reich der Mitte im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat deutlich. Die Statistiker errechneten ein Minus von 0,8%. Einen ähnlich starken Rückgang hatte es zuletzt vor rund 15 Jahren zur Zeit der damaligen weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise gegeben.
16. Monat in Folge – Erzeugerpreise fallen weiter
Auch die Erzeugerpreise, die im vergangenen Jahr in jedem einzelnen Monat gesunken waren, gingen im Januar um 2,5% zurück – den 16. Monat in Folge. Die Unternehmen mussten ihre Preise weiter verbilligen, um überhaupt Käufer zu finden.
Risiko anhaltender Schwächephase steigt
Damit scheint sich das Problem immer weiter sinkender Preise beim weltweit größten Ölimporteur zu verschärfen. Die sich vertiefende wirtschaftliche Malaise bringt zunehmend Probleme für die Weltwirtschaft mit sich. Zurückgehende Ausgaben in China bedeuten eine schwächere Nachfrage nach den Exporten anderer Länder, was das Wachstum beeinträchtigt und die Ölnachfrage bremst.
Denn die Daten vom Donnerstag zeigen, dass sich die Deflation als schädlicher erweist, als viele Ökonomen gehofft hatten. Sie erhöhen das Risiko, dass China in eine längerfristige Phase fallender Preise abrutscht, die umso schwieriger umzukehren ist, je länger sie andauert.
Peking agiert vorsichtiger als in früheren Krisen
China hat schon früher Phasen fallender Verbraucherpreise erlebt, insbesondere 1998, als Asien von einer Finanzkrise heimgesucht wurde, und 2009 im Gefolge der Subprime-Hypothekenkrise in den USA, die weltweit Bankenrettungen auslöste. In beiden Fällen reagierte Chinas Politik energisch und flutete die Wirtschaft mit billigem Geld, indem sie die Zinssätze senkte und billige Kredite verteilte. Wachstum und Inflation kehrten bald zurück.
Immobiliensektor fällt als wirtschaftliche Zugmaschine aus
Doch mit der Ankurbelung des Wachstums schufen sie eine Immobilienblase, die Staatsführer Xi Jinping nun unbedingt platzen lassen will, bzw. platzen lasen muss. Der jüngste Einbruch des Immobilienmarktes folgt auf das harte Durchgreifen Pekings gegen die hohe Verschuldung der Bauträger, die auf nahezu unbegrenztes Wachstum gesetzt hatten.
Wie aus dem jüngsten Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) über China hervorgeht, wird die Nachfrage nach neuen Wohnungen im Reich der Mitte in den nächsten zehn Jahren um etwa 50% zurückgehen. Dadurch wird es für Peking nahezu unmöglich, das Gesamtwachstum des Landes zu steigern. Der chinesische Immobiliensektor und die damit verbundene Industrie machen etwa ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts des Landes aus.
Indien wird China bei der Ölnachfrage überholen
Nachdem China jahrzehntelang der wichtigste Motor für die Ölnachfrage war, wird das Wachstum künftig von anderen Schwellenländern in Asien bestimmt werden. Die nächsten Jahre werden nach Einschätzungen von Analysten große Verschiebungen an den Ölmärkten mit sich bringen. Sie erwarten, dass Indien in den nächsten 20 Jahren die wichtigste Region für das Nachfragewachstum sein wird.
Heizölpreise reagieren mit Aufschlägen
Nachdem die Notierungen für Gasöl, dem Vorprodukt für Diesel und Heizöl, gestern kräftig nach oben kletterten, müssen Verbraucherinnen und Verbraucher im Bundesgebiet je nach Region etwa +1,20 bis +1,90 Euro pro 100 Liter mehr bezahlen als noch am Donnerstag.