Trotz der OPEC+-Ankündigung vom letzten Donnerstag, weniger Öl produzieren zu wollen, blieben die Ölpreise an den Rohstoffmärkten auch am Dienstag weiter unter Druck. Die angekündigten Gesamtkürzungen für das erste Quartal 2024 wären vor einigen Jahren für die Ölhändler Grund genug gewesen, sich mit dem schwarzen Gold einzudecken. Doch dieses Mal sieht die Sache völlig anders aus.
Gestern gab Brent-Rohöl gab um weitere 1,1% nach und fiel auf 77,20 Dollar pro Barrel (a 159 Liter), während die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) um 1,0% niedriger bei 72,32 aus dem Handel ging. Dies war der niedrigste Schlusskurs für beide Rohölsorten seit dem 6. Juli. Der Preis für WT fiel das erste Mal seit Mai an vier aufeinander folgenden Tagen.
USA schwimmen in Öl
Während die OPEC fast schon verzweifelt versucht, Öl vom Markt zu nehmen, scheint mit den USA der größte Gegenspieler des Kartells momentan in selbigen zu schwimmen. Nach Angaben des American Petroleum Institute (API) stiegen die Rohöllagerbestände in den Vereinigten Staaten in der Woche zum 1. Dezember um 594.000 Barrel, nachdem sie in der Vorwoche um 817.000 Barrel gesunken waren. Analysten waren von einem Rückgang um 2,267 Millionen Barrel ausgegangen.
Die Ölvorräte im US-Zentrallager Cushing verzeichneten in dieser Woche mit einem Anstieg um 4,28 Millionen Barrel sogar den größten Zuwachs in diesem Jahr, nachdem sie in der Vorwoche um 465.000 Barrel gesunken waren.
Saudischer Energieminister: Können Kürzungen verlängern
Noch vor Veröffentlichung der Daten hatte der saudische Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman nochmals versucht, das Ruder herumzureißen. Er warnte davor, dass man die OPEC+-Ölförderkürzungen bei Bedarf „auf jeden Fall“ über das erste Quartal hinaus fortsetzten würde. Er versicherte, dass man die Kürzungen in vollem Umfang einhalten würde.
Die in der vergangenen Woche angekündigten Förderkürzungen von mehr als 2 Millionen Barrel pro Tag würden erst nach Berücksichtigung der Marktbedingungen und unter Anwendung eines „schrittweisen Ansatzes“ zurückgenommen, betonte er.
Einer der Gründe, warum die Ölpreise fallen, ist in dem Verdacht vieler Ölhändler zu finden, dass einige der Kürzungen wohl nur auf dem Papier stehen. Dieser Verdacht entstand nach Berichten über interne Unstimmigkeiten in der OPEC. Diese deuten offenbar darauf hin, dass nicht alle Mitglieder der Gruppe ihre Kürzungen tatsächlich durchziehen würden.
Optionen der OPEC: Stärker kürzen oder Märke fluten
Angesichts der für die OPEC unbefriedigenden Reaktion an den Ölmärkten, könnte Saudi-Arabien einfach beschließen, den Kurs zu ändern und die Ölhähne zu öffnen, um die Märkte mit dem „schwarzen Gold“ zu überschwemmen. Die Frage ist nur, ob sich das Emirat dies bei all seinen teuren Plänen für die eigene Energiewende leisten kann.
Andererseits kann die OPEC im Allgemeinen und Saudi-Arabien im Besonderen die Fördermengen einfach noch weiter senken, wenn der Ölpreis im ersten Quartal 2024 nicht zufriedenstellend ist. Angesichts der Marktreaktion auf die letzte Kürzung wäre dies ein riskanter Schritt. Aber es könnte der weniger riskante Schritt im Vergleich zu der oben genannten Alternative sein.
Für die OPEC ist dies sicherlich eine komplizierte Situation. Je öfter sie die Produktion drosselt, desto mehr würden die Händler die Aussichten für die Ölnachfrage in Frage stellen und die Preise weiter dadurch weiter unter Druck geraten.
Heizölpreise abermals günstiger
Angesichts der auch gestern wieder aufgetretenen Kursverluste an den Rohölmärkten, ergeben sich heute bei den den Inlandspreisen im Vergleich zu Dienstagmorgen weitere Preisabschläge. So kosten 100 Liter Heizöl im Bundesgebiet heute, je nach Region, etwa -0,80 bis -1,40 Euro weniger als gestern.