Die Ölpreise haben am Donnertag den dritten Tag in Folge den Rückwärtsgang eingelegt und sind damit auf dem besten Wege, auch die vierte Woche hintereinander mit einem negativen Vorzeichen zu beenden. Die US-Sorte WTI verbuchte Verluste in Höhe von 4,9 Prozent und ging bei 72,90 je Barrel aus dem Handel, die Atlantiksorte Brent verbilligte sich um 4,6 Prozent auf 77,42 pro Barrel fiel. Beide Sorten notieren damit auf dem niedrigsten Stand seit Anfang Juli.
Reihe von Faktoren für Kursrutsch verantwortlich
Die massiven Kursverlusten kamen in dieser Woche aufgrund von Sorgen vor einer global schwächeren Ölnachfrage und dem Zustand der chinesischen Wirtschaft zustande. Denn der Einfluss, den die wirtschaftliche Wiederbelebung im Reich der Mitte nach der Pandemie auf die Ölpreise hatte, schwindet. Gleichzeitig produzieren die USA mehr Öl als jedes andere Land in der Geschichte, ganz zu schweigen von der Produktion in Kanada, Brasilien, Nigeria und Guyana.
Hinzu kommen die saisonalen Auswirkungen der typischerweise im Winter nachlassenden Nachfrage. „Wenn man eine starke Welle des Angebotswachstums außerhalb der OPEC+ und einen saisonalen Nachfragerückgang hat, führt das zu einer Situation wie dieser“, gab Jim Burkhard, Präsident of S&P Global Commodity Insights gestern zu Bedenken.
Spekulanten reizen Saudi-Arabien
Da der gestern erfolgte Kursrutsch ohne neue fundamentale Daten erfolgte, führten Händler, nach dem Rutsch der Brent-Sorte unter die 80-Dollar-Marke, technische Verkäufe als Grund für die Verluste an. Die Organisation erdölexportierender Länder wiederum hat Spekulanten für den jüngsten Preisverfall verantwortlich gemacht und die negative Stimmung als übertrieben abgetan.
Bereits in der vergangenen Woche hatte der saudi-arabische Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman Spekulanten als Auslöser für den jüngsten Rückgang der Ölpreise genannt. Obwohl diese Einschätzung nur einen Teil der Fakten widerspiegelt, hat bin Salman da einen Punkt. Denn das Datenmaterial von den Terminmärkten zeigt eindeutig, dass Hedgefonds und andere Fondsmanager ihre Positionen, mit denen sie auf steigende Ölnotierungen setzen, im Oktober stark reduziert haben
Wetten auf sinkende Ölpreise verachtfacht
Insgesamt verachtfachten sich nach Angaben von Rohstoffanalysten die Wetten auf fallende Preise, während die Fondsmanager ihre Positionen auf steigende Kurse auf ein Vier-Monats-Tief reduzierten. Die OPEC und ihr Anführer und größter Produzent, Saudi-Arabien, beharren darauf, dass die Nachfrage nach wie vor robust sei und dass der Ausverkauf des Öls von 95 Dollar je Barrel auf 80 Dollar in den vergangenen Wochen aufgrund „übertriebener“ Sorgen über die Nachfrage übertrieben gewesen sei.
Saudi-Arabien und Russland könnten Produktionskürzung verlängern
Die übermäßige Anhäufung von Positionen, mit denen Fondsmanager auf fallende Ölpreise setzen, könnte Saudi-Arabien dazu veranlassen, seine zusätzliche Produktionskürzung von 1 Million Barrel pro Tag – oder zumindest einen Teil davon – bis 2024 zu verlängern. Die freiwillige Kürzung des Königreichs und die zugesagte Exportreduzierung Russlands in Höhe von 300.000 Barrel pro Tag sind derzeit bis Ende 2023 befristet.
Da der Ölpreis jedoch auf 80 Dollar gesunken ist, könnten die beiden OPEC+-Erzeuger versuchen, die Preise durch eine Verlängerung der Kürzungen wieder in die Höhe zu treiben. In Anbetracht der saisonal niedrigeren Ölnachfrage im ersten Quartal eines jeden Jahres könnte eine Verlängerung der zusätzlichen Förderkürzungen durchaus in Betracht kommen.
Angesichts der gestern zu verzeichnenden Kursverluste an den Rohölmärkten, ergeben sich heute bei den den Inlandspreisen im Vergleich zu Donnerstagmorgen Preisabschläge, die allerdings vergleichsweise moderat ausfallen. So kosten 100 Liter Heizöl im Bundesgebiet heute, je nach Region, etwa -2,50 bis -3,30 Euro weniger als gestern.