Das heutige Namibia wurde im Jahr 1894 unter der Bezeichnung Deutsch-Südwestafrika die erste deutsche Kolonie in Afrika. Nun macht sich das Land daran, innerhalb der nächsten zehn Jahre zu einem bedeutenden Ölförderer zu werden.
Bedeutende Ölfunde durch Shell und TotalEnergies
Seit einiger Zeit sind mit Shell und TotalEnergies zwei der weltweit größten Ölkonzerne vor den Küsten des südafrikanischen Landes aktiv auf der Suche nach Rohöl und Gas. Und sie wurden fündig. In den letzten zwei Jahren wurden im sogenannten Orange Basin mehrere bedeutende Entdeckungen gemacht. Eine von Shell durchgeführte Bohrung soll auf ein Ölvorkommen gestoßen sein, das auf 800 Millionen Barrel (à 159 Liter) geschätzt wird. Es folgten drei weitere Explorationsbohrungen des Unternehmens, wobei die gesamten erschlossenen Reserven auf 1,7 Milliarden Barrel Öl geschätzt wurden.
Zweitgrößte Ölentdeckung in der Tiefsee seit 2015
Unterdessen stieß die französische TotalEnergies mit einer im Februar dieses Jahres durchgeführten Bohrung im Venus-Feld auf ein Reservoir, das bis zu 3 Milliarden Barrel enthalten könnte. Damit wäre Venus die zweitgrößte Tiefsee-Ölentdeckung der Welt seit 2015. Das Feld liegt rund 325 Kilometer vor der namibischen Küste in 3000 Meter Wassertiefe.
Ressourcen von 11 Milliarden Barrel
Es ist schon eine Weile her, dass ein Unternehmen einen solch gewaltigen Fund gemacht hat. Abgesehen vom südamerikanischen Amazonasstaat Guyana, wo ein Konsortium um den Öl-Multi ExxonMobil einen Ölfund nach dem anderen macht, herrschte bislang ansonsten eher Ebbe bei großen neuen Öl- und Gasfunden. Und erst letzte Woche meldete das norwegische Nachrichtenportal „Upstream“, dass die von Shell und Total vor Namibias Küsten entdeckten Ressourcen auf 11 Milliarden Barrel Öl geschätzt werden.
Öl könnte ab 2029 fließen
Namibias Regierung will angesichts des erwarteten Ölbooms vorbereitet sein. Anfang August berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass die Regierung eine 2,1 Milliarden US-Dollar teure Erweiterung des Hafens von Lüderitz vorbereitet, um ihn bis Ende 2024 in ein Exportterminal für Öl umzuwandeln. Laut der staatlichen namibischen Ölgesellschaft Namcor, die Minderheitspartner der lokalen Unternehmungen von Shell und TotalEnergies ist, könnte das erste Öl in Namibia im Jahr 2029 fließen. Bis 2035 könnte das Land dann zu den 15 größten Ölproduzenten der Welt gehören, bemerkte Premierministerin Saara Kuungongelwa-Amadhila vor einigen Wochen im Rahmen der Namibia Oil and Gas Conference.
Mehr Reserven als Norwegen
Mit seinen Reserven von 11 Milliarden Barrel Öl und Gas würde sich Namibia zwischen Brasilien (11,9 Mrd. Barrel) und Norwegen (7,9 Mrd. Barrel) einreihen. So oder so ist es eine beeindruckende Menge – und potenziell lebenswichtig für die Weltwirtschaft. Denn die globale Ölindustrie investiert seit Jahren zu wenig in die künftige Versorgung, was bereits Warnungen vor den damit einhergehenden Folgen auslöste.
Namibia als Alternative zu Sibirien
Gerade wegen dieser Befürchtungen dürften die von Shell und TotalEnergies in Namibia gemachten Ölfunde in den kommenden Jahren große Aufmerksamkeit bekommen. Vor allem, da die riesigen Ressourcen Ostsibiriens seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine hinter der Sanktionsmauer des Westens verschlossen sind.
Nachdem die beiden Rohölsorten Brent und WTI gestern nahezu unverändert aus dem Handel gingen, macht sich der zuletzt wieder stärkere Euro bei den Heizölpreisen positiv bemerkbar. Weil Öl international in Dollar abgerechnet wird, schwächt ein starker Euro die Folgen hoher Ölpreise. Verbraucherinnen und Verbraucher im Bundesgebiet müssen daher heute im Schnitt etwa -1,40 bis -2,10 Euro pro 100 Liter weniger bezahlen als noch zu Wochenbeginn.